Physische Lieferung bei Optionen & Futures

Autor: Pit Wilkens Inhaltlich geprüft von: Philipp-Malte Lingnau

Physische Lieferung (engl.: physical delivery) ist die tatsächliche Übergabe des Basiswerts (z.B. Rohstoff) zur Abwicklung eines Termingeschäfts. Nicht alle Marktteilnehmer wollen den Basiswert einer Option oder eines Futures erhalten und schließen oder rollen daher ihre Positionen vor Fälligkeit, um eine Lieferung zu vermeiden.

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Was ist eine physische Lieferung bei Optionen?

Die physische Lieferung bei Optionen ist die Übertragung des Basiswerts (z.B. Aktie) zum Zeitpunkt der Ausübung. Dies setzt voraus, dass sowohl der Käufer als auch der Verkäufer (Stillhalter) bereit und in der Lage sind, den zugrunde liegenden Vermögenswert zu liefern oder zu übernehmen.

Optionen geben dem Käufer das Recht, aber nicht die Pflicht, einen Basiswert zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem festgelegten Preis zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option). Der Verkäufer hingegen trägt das Risiko, den Basiswert annehmen zu müssen oder zur Lieferung des Basiswertes verpflichtet zu sein.

Die Art der Abrechnung ist bei der Eröffnung einer Position klar. Es gibt Kontrakte, die nur einen Barausgleich (Cash Settlement) vorsehen. Bei anderen Kontrakten kann der Optionskäufer am Verfallstag entscheiden, ob er einen Transfer wünscht oder nicht.

Eine physische Lieferung erfolgt bei europäischen Optionen nur am Fälligkeitstag der Option. Bei amerikanischen Optionen kann die Lieferung während der gesamten Laufzeit verlangt werden. Das ist aber eher unüblich, weil dadurch der Zeitwert der Option verloren geht.

Kurz: Bei der physischen Lieferung findet kein Barausgleich statt, sondern der Basiswert wechselt den Besitzer. Die Entscheidung, ob der Wert tatsächlich übertragen wird, liegt beim Käufer der Option.

Wie läuft die physische Lieferung ab?

Grundlage für die physische Lieferung ist die bei der Eröffnung einer Optionsposition getroffene Vereinbarung. Dabei wird ein Basiswert (z.B. eine Aktie) zu einem festgelegten Preis (Strike-Preis) zu einem bestimmten Zeitpunkt oder einer bestimmten Laufzeit gekauft oder verkauft. Es gibt somit zwei Konstellationen der effektiven Lieferung.

  • Call: Der Optionsinhaber kauft die Aktie vom Stillhalter zum Strike-Preis
  • Put: Der Optionsinhaber verkauft die Aktie an den Stillhalter zum Strike-Preis

Fall 1 – Steigende Kurse

Der Käufer einer Call-Option geht in der Regel von steigenden Kursen aus. Tritt sein gewünschtes Szenario ein, so übt er sein Recht auf Lieferung der Aktie zum Strike-Preis aus. Die Differenz zwischen dem aktuellen Aktienkurs und dem Strike multipliziert mit der gelieferten Menge ist dann sein Gewinn.

Zahlbetrag~des~Inhabers~der~Option=Strike*Anzahl~der~gelieferten~Wertpapiere

Diese Konstellation ist bei deutlich gestiegenen Kursen denkbar.

Hinweis: Besitzt der Stillhalter (Verkäufer des Calls) den Basiswert nicht, z.B. weil es sich um einen nackten Call handelt, muss er ihn zum aktuellen Tageskurs erwerben, um ihn an den Optionsinhaber weitergeben zu können.

Fall 2 – Fallende Kurse

Beispielsweise besitzt der Käufer einer Put-Option Wertpapiere und möchte sich gegen Kursverluste ab einem bestimmten Niveau (Strike) absichern. Der Verkäufer muss bei fallenden Kursen die Wertpapiere zum vereinbarten Strike abnehmen und wird mit dem entsprechenden Betrag belastet.

Die Berechnung ist die gleiche wie bei Variante 1: Der Stillhalter hat nach dieser Transaktion eine bestimmte Menge des Basiswerts in seinem Depot und der Käufer der Option erhält das Geld.

Zahlbetrag~des~Stillhalters=Strike*Anzahl~der~gelieferten~Wertpapiere

Diese Konstellation ist bei deutlich gesunkenen Kursen denkbar.

Hinweis: Die jeweilige Terminbörse legt fest, auf welche Basiswerte Optionen mit physischer Lieferung gehandelt werden können. Diese ist z. B. bei Indexoptionen im Normalfall nicht möglich. Die Lieferart ist üblicherweise auf der jeweiligen Handelsplattform unter der Beschreibung des Finanzinstruments ersichtlich.

Wie kann eine physische Lieferung vermieden werden?

Für den Verkäufer einer Option besteht ab dem Zeitpunkt, an dem sich die Option im Geld (In The Money) befindet, die Möglichkeit, dass eine physische Lieferung verlangt wird. Um dies auszuschließen, gibt es nur einen Weg. Die Position muss glattgestellt (geschlossen) werden.

Bei einem Short Call besteht beispielsweise das Risiko, dass der Basiswert an den Inhaber der Option geliefert werden muss. Durch den Kauf eines Calls (Long Call) auf den gleichen Basiswert, mit identischem Strike und Verfallstag, gleichen sich die beiden Positionen jedoch aus. Aus der Differenz zwischen erhaltener Prämie für den Short Call und gezahlter Prämie für den Long Call ergibt sich der Gewinn oder Verlust für den Optionshändler.

Hinweis: Je nach Basiswert ist es unter Stillhalter üblich, Optionen nicht im Geld zu lassen. Diese Positionen werden häufig vor dem Verfallstag geschlossen, damit sie nicht gegen den Verkäufer ausgeübt werden können.

Physische Lieferung bei Futures

Die physische Lieferung bei Futures bezieht sich auf die Übergabe des zugrunde liegenden Vermögenswerts an den Käufer, wenn der Kontrakt fällig wird. Futures, auch Terminkontrakte genannt, sind Vereinbarungen zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Vermögenswerts (wie Rohstoffe oder Währungen) zu einem festgelegten Preis und Zeitpunkt in der Zukunft.

Der Ort und die Bedingungen der Lieferung werden im Kontrakt festgelegt. Dies kann ein Lagerhaus, eine Börse oder ein anderer spezifizierter Lieferort sein. Die gelieferten Waren müssen oft bestimmten Standards oder Spezifikationen entsprechen, wie z. B. Qualität, Menge und andere Eigenschaften. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer sind verpflichtet, den Vertrag zu erfüllen, es sei denn, die Position wird vorzeitig glattgestellt oder gerollt.

Beispiel: Ein Weizenbauer könnte einen Weizen-Future verkaufen, um sich gegen fallende Weizenpreise abzusichern, während ein Mühlenbetreiber einen Weizen-Future kaufen könnte, um sich gegen steigende Weizenpreise abzusichern. Bei Fälligkeit des Weizenkontrakts erfolgt die physische Lieferung des Weizens vom Landwirt an den Mühlenbetreiber gemäß den im Kontrakt festgelegten Bedingungen.

Der physische Lieferprozess bei Futures kann zusätzliche Kosten und logistische Herausforderungen mit sich bringen, einschließlich Transport, Lagerung und Versicherung der Ware. Viele Broker lassen daher in der Regel keine physische Lieferung zu, da diese zu aufwendig wäre.

Physische Lieferung vs. Barausgleich

Im Gegensatz zur physischen Lieferung ist der Barausgleich relativ einfach. Liegt beispielsweise eine Option im Geld, verlangt der Käufer vom Verkäufer den Barausgleich. Dieser muss dem Käufer der Option die Differenz zwischen dem vereinbarten Strike-Preis und dem aktuellen Kurs des Basiswerts auszahlen.

Noch einfacher ist die Situation, wenn die Option am Verfallstag am Geld (At The Money) oder aus dem Geld (Out Of the Money) notiert. In diesem Fall macht es keinen Sinn, die Option auszuüben, und sie verfällt wertlos. Da der Käufer der Option seine Optionsprämie bereits bezahlt hat, kommt es zu keiner weiteren Transaktion.

Beispiel für ein Cash Settlement

Eine Call-Option zu einem Strike von 100 Euro (Kontraktgröße 100 Stück) befindet sich am Verfallstag im Geld. Der Kurs des Basiswerts notiert bei 130 Euro. Daraus ergibt sich folgende Rechnung.

(130~EUR-100~EUR)*100~Stück=30~EUR*100~Stück=3.000~EUR~pro~Kontrakt

Dieser ermittelte Gewinnbetrag wird dann dem Verkäufer der Option belastet und dem Käufer gutgeschrieben. Dafür muss der Verkäufer nicht zwingend den Basiswert in seinem Depot haben.

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